Edsel Fords ‹Continental›

‹Continental› war der Name, den Edsel Ford für Lincolns luxuriöse, massgefertigte Coupés und Cabriolets aus den 1940er Jahren gab. Als 1939 der erste Prototyp gebaut wurde, war Edsel der Ansicht, dass der Name ‹Continental› das sportliche, europäisch inspirierte Design des Lincoln betonte. Die Autos wurden schlagartig zum Erfolg und da sie von Hand gebaut wurden, waren sie ein teures und entsprechend exklusives Modell in Fords Luxusauto-Sparte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Coupés und Cabriolets ‹Lincoln Continental› von 1946 bis 1948 wieder eingeführt (der 46er Continental war am ersten Nachkriegslauf der Indianapolis 500 das offizielle ‹Pace Car›). Zwischen 1956 und 1957 bekam der ‹Lincoln Mark II› erneut die Namens-Erweiterung ‹Continental› und ist seitdem Markenzeichen von Lincoln. Kurz davor, im Jahr 1955, gab es aber einen kurzen Exkurs dieses Namens, nämlich als ‹Continental› stolz auf den Kotflügeln von 356 Porsche Cabriolets und Coupés prangte.

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Max Hoffmans Marketingidee

Ende 1955, kurz vor dem Launch des 356 A ‹Typ 1›, als noch die letzten Ur-356er (heute als ‹Pre-A› bekannt) gebaut wurden, kam dem US-Porsche-Importeur Max Hoffman folgende Marketing-Idee: Er schlug Porsche vor, den 356er mit dem aussagestarken Ausdruck ‹Continental› zu ergänzen. Hoffman war überzeugt, dass es genau diese prestigeträchtige und europäisch anmutende Bezeichnung für komfortable und leistungsstarke Überlandfahrzeuge benötigte, um den Abverkauf des Zuffenhausener Sportwagens auf dem US-Markt richtig ins Rollen zu bringen.

Daraufhin wurden die letzten 356er der Serie ‹Pre-A› extra repräsentativ ausgestattet und – in bewährter Porsche-Typografie – mit der Sonderbeschriftung ‹Continental› am Kotflügel gezeichnet. Der ‹Porsche 356 Continental› wurde eines der ersten Sondermodelle des Sportwagenherstellers, wovon insgesamt 860 Coupés und 69 Cabriolets ausgeliefert wurden. Sie unterschieden sich von den Standard-Fahrzeugen vor allem durch Besonderheiten wie beispielsweise dem Radio in der Mitte des Armaturenbretts, der Benzinuhr oder dem Ölthermometer sowie dem Ring zur Fernlichtbetätigung im unteren Lenkrad-Drittel, die man sonst nur gegen Aufpreis erwerben konnte. Doch die Continental-Modellreihe sollte nur ein Jahr bekommen (Oktober 1954 bis Oktober 1955), denn als die Autos begannen, über den amerikanischen Asphalt zu gleiten, rief das die Ford Motor Company mit den älteren Namensrechten an ‹Continental› auf den Plan und die ‹schlugen› vor, dass Porsche diesen Namen, wegen des bevorstehenden ‹Ford Continental Mark II›-Launch in 1956, wieder entfernte.

Das kurze Leben des ‹European›

Zur der Zeit, als die Ford Motor Company ihre Einwände vorbrachte, hatte die Karosserie Reutter bereits Löcher in einige Sätze vorderer Kotflügel gestanzt und die ersten 356A-Modelle waren bereits in Amerika eingeführt. Ein schneller und unkomplizierter Wechsel war gefragt und so wurde bei den Modellen von Oktober 1955 bis Januar 1956 der goldfarbene ‹Continental›-Schriftzug kurzerhand mit dem Namen ‹European› ersetzt, um auch die bereits vorgestanzten Kotflügel verwenden zu können.

Wahrscheinlich wurde aufgrund dieses mehr oder weniger ‹erzwungenen Schnellschusses› und nachdem die vorgestanzten Kotflügel verarbeitet waren die Verwendung des ‹European›-Schriftzugs irgendwann im Januar 1956 eingestellt, lange vor dem Ende dieses Produktionsjahres.

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Nur noch wenige ‹Europeans› haben überlebt

Abgesehen von dem Abzeichen waren die ‹Continentals› und ‹Europeans› Standardautos für den US-amerikanischen Markt, was bedeutete, dass die Tacho-Markierung in Meilen und die Scheinwerfer in der Ausführung ‹Sealed Beam› erfolgte. Nach Januar 1956 wurden ausser den Modellen ‹Speedster› und ‹Carrera› keine weiteren 356er-Modelle mit Namen versehen, sondern lediglich Buchstaben als Modellbezeichnungen verwendet. Die damals in Europa ausgelieferten Modelle trugen einfach die Bezeichnung ‹Porsche 356›.

Porsche hatte jedes Autos mit einer Fahrgestellnummer versehen, die innerhalb einer Serie fortlaufend waren (siehe auch ‹Daten›). Gemäss dem Buch von Dr. Brett Johnson haben die zuletzt ausgelieferten ‹Europeans› die Fahrgestell-Nummern 55154 für das Coupe und 61064 für das Cabriolet. Das uns früheste bekannte ‹European-Coupé-Modell› hat jedoch die Nummer 55068, das späteste Fahrzeug die Nummer 55558. Bruce Coen besitzt Cabriolet 61066 und hat Beweise dafür gefunden, dass es den Schriftzug hatte. Sein Auto hat auf dem Echtheitszertifikat von Porsche die Aufschrift bei ‹Optionale Ausstattung› – ‹Type European› vermerkt. Die Informationen in Brett’s Buch sind leider nicht mehr aktuell. Gemäss unserer Fahrzeugliste hat das letzte aktuelle Coupé VIN-Nummer 55583 und Cabriolet VIN-Nummer 61117.

Es kann nur spekuliert werden, wie viele Exemplare genau produziert und ausgeliefert wurden. Es gibt jedoch zwei Möglichkeiten: Wurde zwischen Oktober 1955 und Anfangs Februar 1956 durchlaufend und ausschliesslich für den USA-Markt produziert, so könnten um die 400 Fahrzeuge (Coupés und Cabriolets) mit den Schriftzug ‹European› an Max Hofmann in der USA ausgeliefert worden sein. Wenn jedoch für die USA und Europa gleichzeitig produziert wurde, dann fällt die Zahl der produzierten ‹Europeans› deutlich geringer aus. Mit dieser Variante wäre z.B. die 55068 eine ‹European›-Fahrgestellnummer und 55069 keine. Letztere Variante scheint plausibler, da zwischen Oktober 1955 und Januar 1956 mit ziemlicher Sicherheit auch Fahrzeuge in Europa ausgeliefert wurden.

Aktuell sind weltweit 42 Fahrzeuge des Typs ‹European› bekannt und hier registriert.

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